Wie gelingt Sprachförderung im Kita-Alltag? Welche Unterstützung brauchen Fachkräfte und Teams? Und was bringt eine Teilnahme am Qualifizierungsprogramm Stark in Sprache. Starke Chancen? Manuela Marlok gibt Einblicke in das Programm und zeigt, wie Sprachbildung im Kita-Alltag lebendig wird.
Wie kam es dazu, dass Sie als Fachkraft für alltagsintegrierte Sprachbildung arbeiten – und was begeistert Sie an Ihrer Tätigkeit?
Ich habe nach 27 Jahren meinen Job gewechselt, weil ich nochmal was bewegen wollte – und habe mich auf das Wagnis alltagsintegrierte Sprachförderung eingelassen. Heute weiß ich, wie groß das Thema Sprache eigentlich ist. Seit anderthalb Jahren arbeite ich in mehreren Häusern einer großen Kita in Künzelsau – von der Krippe bis zur Vorschulgruppe. Dabei unterstütze ich die Kinder in ihrer Sprachentwicklung, aber vor allem auch die Kita-Teams. Sprachbildung ist ja keine „Zusatzaufgabe“, sondern Teil des Alltags. Und genau das mache ich erlebbar – durch Projekte, durch Beratung, durch gemeinsame Erlebnisse. Ich baue Brücken zum Alltag, um Kinder bestmöglich in ihrer Sprachbildung zu unterstützen.
Wie genau setzen Sie Sprachförderung im Kita-Alltag um?
Montags zum Beispiel starte ich mit dem Bewegungsprogramm „Tolly Turnmaus“ – das verbindet Bewegung, Sprache und kognitive Förderung. Da machen die Kinder begeistert mit – und plötzlich sprechen sogar die, die sonst gar nichts sagen. Dienstags geht es mit den 4- bis 5-Jährigen in die Stadtbücherei. Das kommt nicht nur bei den Kindern super an, sondern auch bei den Eltern – inzwischen hat fast jede Familie einen Büchereiausweis. Und einmal im Monat laden wir die Familien zum „literarischen Frühstück“ ein. Da zeigen wir den Eltern, wie sie ihre Kinder sprachlich unterstützen können, und lesen zusammen. Oft machen wir auch Bilderbuchkino oder Kamishibai*, erzählen Bilderbücher, machen Verklanglichungen oder nutzen Erzählsäckchen. Das Schöne ist: Aus all diesen Angeboten nehmen die Kinder und ihre Familien ganz viel mit. Die übrige Zeit nutze ich für Beobachtungen und Sprachstandserhebungen. Und ich gebe den Kolleg:innen Tipps, was sie tun können, um die Kinder sprachlich zu fördern.
Wie sind Sie auf Stark in Sprache. Starke Chancen. aufmerksam geworden? Und was haben Sie ganz konkret aus dem Kurs mitgenommen?
Ich bin durch unsere Fachberatung auf das Qualifizierungsprogramm aufmerksam geworden und habe sofort gemerkt: Das ist genau das, was ich brauche. Da habe ich mich direkt für den ersten Kurs ab November 2024 angemeldet. Und ich muss sagen: Das komplette Programm war einfach mega. Die Dozentin war klasse. Ich konnte mein Wissen und meine Methodenkompetenz in der frühkindlichen Sprachbildung und Sprachförderung gezielt erweitern. Nicht nur im zehntägigen Online-Kurs: Auch durch die Netzwerktreffen habe ich so viel dazugelernt – und tolle Menschen getroffen, mit denen ich bis heute im Austausch bin. Und diese vielen Quellen – davon habe ich mir danach einiges angeschafft. Mein Ordner mit den Programminhalten steht immer griffbereit, den nutze ich ständig. So viel Input ist einfach ein Traum.
Wie bringen Sie Ihr Know-how aus dem Programm in Ihre tägliche Arbeit ein?
Die Inhalte aus dem Kurs bringe ich an vielen Stellen in meine Arbeit ein – bei Teamschulungen, bei der kollegialen Beratung, bei Sprachstandserhebungen und bei der Konzeptarbeit. Besonders beeindruckt haben mich die Inputs zur systemischen Beratung und das Methodenwissen. Ich habe gelernt, wie ich Kolleg:innen mit guten Fragen abhole und wie wir gemeinsam Lösungen finden, anstatt immer alles vorzugeben. Außerdem habe ich so viele praktische Methoden kennengelernt, die ich heute regelmäßig in Schulungen und Beratungen einsetze. Das war für mich mit der wertvollste Schatz, den ich mitnehmen durfte.
„Ich habe so viele praktische Methoden kennengelernt, die ich heute regelmäßig in Schulungen und Beratungen einsetze. Das war für mich mit der wertvollste Schatz, den ich mitnehmen durfte.“
Was hat sich seit der Programmteilnahme in Ihrer Einrichtung verändert?
Die größte Veränderung war das wachsende Bewusstsein im Team, dass Sprachbildung nicht on top kommt, sondern Teil des Kita-Alltags ist. Ich erlebe immer wieder, wie Kolleg:innen anfangen, Sprache bewusster einzusetzen. Das freut mich besonders bei denen, die anfangs skeptisch waren. Klar, es gibt auch Herausforderungen: Krankheitsausfälle, Fachkräftemangel, Überlastung, fehlende Motivation. Aber genau da helfen die Methoden aus dem Programm: geduldig bleiben, Menschen ins Gespräch bringen, kleine Schritte gehen. Der Kurs hat mich bestärkt, dranzubleiben – auch wenn das manchmal anstrengend ist.
Wie gelingt es Ihnen, Ihr Team trotz dieser Herausforderungen gut zu unterstützen?
Das Programm hat mir geholfen, anders hinzuschauen: Jede:r bringt seine eigene Geschichte und seine eigenen Stärken mit. Motivation kann ich nicht verordnen – aber ich kann mit meinen Angeboten die Lust auf Sprache wecken. Mit kleinen, aktivierenden Methoden hole ich das Team ins Boot, zum Beispiel mit Einstiegsspielen oder Reflexionsfragen, die wir im Programm kennengelernt haben. Und wenn ich merke, dass etwas funktioniert – sei es bei einer Schulung oder im Alltag – dann weiß ich: Der Weg lohnt sich.
Wenn Sie drei Dinge nennen müssten, die für erfolgreiche Sprachbildung in Kitas wirklich wichtig sind, welche wären das?
Erstens: Mehr Fachwissen in der Ausbildung. Sprache muss schon da ein zentrales Thema sein. Zweitens: Verpflichtende, regelmäßige Weiterbildungen für alle, auch für Zusatzkräfte. Und drittens: Mut, den Kita-Alltag sprachlich zu gestalten – mit Spielen, Singen, Erzählen, Kinderkonferenzen. Dafür braucht es oft keine umfangreichen Materialien, sondern einfach Freude daran, Sprache lebendig zu machen.
Gibt es Projekte oder Vorhaben, zu denen Sie Stark in Sprache. Starke Chancen. inspiriert hat?
Aktuell arbeite ich an einer Sprachkonzeption für alle städtischen Kitas, plane Inhouse-Schulungen und begleite andere Einrichtungen beratend. Ich mache noch eine andere Weiterbildung und beschäftige mich intensiver mit Sprachförderplänen, Digitalisierung und unterstützter Kommunikation. Das Programm hat mich für so vieles gerüstet und so viele Dinge angestoßen. Wenn es die Zeit erlaubt, möchte ich noch Gebärdensprache lernen. Ich bin nicht zu bremsen und so soll es ja auch sein. Meine Kolleg:innen sagen immer, ich hätte Hummeln im Popo. Und die habe ich, keine Frage. Wenn ich was machen will, dann gehe ich es an. Und ich mache alle Dinge, die ich tue, sehr leidenschaftlich. Und das erwarte ich ein Stück weit auch von anderen. Aber ich darf es nicht erwarten. Mein Job ist es vor allem, mein Team dahingehend zu motivieren. Und wenn man den einen oder anderen so erreicht und diesen Weg mit viel Geduld geht, dann kann man ganz viel schaffen. Das Programm hat mir geholfen, das zu erkennen und geduldiger mit anderen Menschen zu sein.
Für wen lohnt sich eine Teilnahme am Qualifizierungsprogramm?
Für alle, die nicht nur Inhalte abholen, sondern wirklich ins Beraten, Begleiten und Netzwerken einsteigen wollen, ist Stark in Sprache. Starke Chancen. absolut empfehlenswert. Die Qualifizierung war umfassend, inspirierend und grandios. Ich bin dankbar, dass ich dabei sein durfte – und ich freue mich auf alles, was noch kommt.
*Kamishibai ist ein japanisches Erzähltheater. Dabei wird eine Geschichte mithilfe verschiedener Bildkarten erzählt. Kamishibai fördert Kinder spielerisch in ihrer Sprachentwicklung und stärkt insbesondere die Aufmerksamkeit, das Kommunikationsvermögen sowie die Sprach- und Erzählkompetenz.
Das Programm Stark in Sprache. Starke Chancen. wird im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung umgesetzt. Es ist ein Teil des neuen Sprachförderkonzepts „SprachFit“ des Kultusministeriums Baden-Württemberg.